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Mit der Leichtigkeit eines Sommerabends
Das Konzert des OVH in der Kirchenkurve ist nicht nur Musik, sondern auch Lebensgefühl.
Von Susanne Gippert
Burscheid. Eigentlich wollte sie nur eine kleine Radtour machen, doch angelockt von herrlichen Tönen fand sich eine Dame aus Hilgen plötzlich mitten in einem Openairkonzert der besonderen Art.
Wie auch schon im vergangenen Jahr bot die als Freilichtbühne geradezu prädestinierte Westseite der evangelischen Kirche, ins abendliche Sonnenlicht getaucht, einen wunderschönen Anblick für die musikbegeisterten Zuhörer, die schon um kurz nach 20 Uhr alle aufgestellten Stühle belegt hatten. Da tummelte sich Groß und Klein in der Kirchenkurve, man stärkte sich an den hervorragenden Bratenbrötchen - wie die kleine Tabea, deren Gesicht fast ganz hinter dem großen Leckerbissen verschwand - oder ließ sich von fleißigen Helfern ein kühles Kölsch bringen.
Pünktlich gegen 20.30 Uhr eröffnete das zwölfköpfige Blechbläserensemble des Orchestervereins Hilgen mit einer „Fanfare" (Paul Dukas, 1865-1935) unter Leitung von Ulrich Haas, der bedenklich auf der kleinen Kirchenmauer balancierte. Der OVH -Vorsitzende Martin Mudlaff begrüßte darauf die Zuhörer angesichts des strahlend blauen Himmels: Wie haben wir das gemacht mit dem Wetter?" - „Super!!!" klang es ihm da hundertfach entgegen.
Nur eines trübte diesen Sommerabend: Denn wie schon beim Empfang am Wochenanfang bekannt geworden war, verlässt die beliebte Dirigentin Silke Löhr nach eineinhalb Jahren glücklicher Zusammenarbeit den OVH aus beruflichen Gründen. Doch Abschiedsschmerz wollte man bei diesem Programm, durch das Günter Haas informativ und kurzweilig zugleich führte, gar nicht erst aufkommen lassen.
Beginnend mit Beckenschlag und Paukenschlägen, entführten die „Armenischen Tänze" (Alfred Reed) in den sonnigen Süden und Georges Bizet (1838-1875) ist geeignet, um provencialisches Flair aufkommen zu lassen. Ein schöner Einfall war es auch, dem großen OVH (rund 70 Mitglieder) im Wechsel Blechbläser- und Holzbläserensemble in den Vordergrund zu stellen.
Da war dann schon mal eine kleine Umgruppierung nötig, nach der dann mitten in der Zuschauermenge die bekannten Melodien der „Zauberflöte" (Wolfgang Amadeus Mozart) erklangen. Begeisterten Applaus riefen aber auch moderne Werke wie „The seventh night of July" des Japaners Itaru Sakai (geb. 1970) hervor. „Am 7. Juli zeigt sich das hellste Sternendreieck, was in Japan ein großes Volksfest ist“, erläutert Haas.
Das Musikfest in der Kirchenkurve sollte noch bis 23 Uhr weitergehen, wobei mit jazzigen Klängen hier mal eine Katze zum Leben erweckt wurde (Chris Hazel: „Kraken") oder auch „Echoes of Harlem" (Jim Parker) ertönten.
Manches Kind hielt es da kaum auf dem Sitz, da tanzte einer am Rande mit, dort versuchte eine die eleganten Bewegungen von Silke Löhr zu imitieren, die sich und den OVH in glänzender Form präsentierte.
Mit der „Jazz Suite No. 2" (Dimitrij Schostakowitsch, 1906- 1975) klang dieser Abend natürlich nicht ohne eine geforderte Zugabe aus - mit Standing Ovations bedacht von den Zuhörern, die völlig in den Bann dieses großartigen Orchesters geraten waren.
Blumen und Applaus zum Abschied der 37-jährigen Silke Löhr gab es reichlich, doch der Orchesterverein blickt trotz noch ungeklärter Nachfolge selbstsicher in die Zukunft und verspricht bereits für den 19. Dezember wieder ein festliches Konzert im Altenberger Dom.
Westdeutsche Zeitung, 19.07.2004
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